Der IVH fordert im Energiestreit: Zurück zur Sachlichkeit im Interesse der deutschen Wirtschaft und Industrie
Mit Bedauern hat der IVH – INDUSTRIEVERBAND HAMBURG E.V. zur Kenntnis genommen, dass das Schreiben des Vattenfall-Vorstandsvorsitzenden Lars G. Josefsson an den Präsidenten des BDI vom 8. Juli 2005 an die Öffentlichkeit gelangt und heute in den Medien wörtlich abgedruckt worden ist.
In seinem Schreiben geht Herr Lars G. Josefsson auf die Sachargumente des IVH nicht ein, wonach die Fehlentwicklungen auf dem deutschen Strommarkt für die Schließung der Hamburger Aluminium-Werk GmbH verantwortlich sind. Herr Josefsson erhebt im Wesentlichen nur Vorwürfe, die aber keinen Beitrag zur Lösung des Problems leisten. Denn mit großer Sorge verfolgt der IVH die Entwicklung der Strompreise für die deutsche Wirtschaft und Industrie, aber auch für die Bürger.
Sollte sich die Fehlentwicklung des deutschen Strommarktes, die im Gutachten der Monopolkommission der Bundesregierung vom 09.07.2004 klar analysiert worden ist, fortsetzen, ist eine massive Abwanderung der energieintensiven Betriebe der chemischen und der Metallindustrie aus Deutschland programmiert und damit der Wegfall zahlreicher Arbeitsplätze.
Herr Josefsson behauptet fälschlich, der IVH erstrebe Subventionen und die Privilegierung einzelner Mitgliedsunternehmen. Richtig ist vielmehr, dass der IVH ebenso wie die Monopolkommission fordert, dass auch in Deutschland endlich klare Wettbewerbskriterien zum Aufbau eines funktionierenden Strommarktes geschaffen werden.
Der IVH verweist stellvertretend auf Teil IV, Absatz245 des Gutachtens (Kurzfassung):
„Insgesamt ist auf den Strommärkten eine deutlich nachlassende Wettbewerbsintensität zu verzeichnen. Der zunächst zwischen den Verbundunternehmen einsetzende oligopolistische Preiswettbewerb stellte sich als Übergangsphänomen heraus, mit dem der drohende Marktzutritt Dritter und ein Abwandern der Stadt werke verhindert werden sollte. ... Der annähernd gleichzeitig zu beobachtende Anstieg der Strompreise in Verbindung mit der Stilllegung von Erzeugungskapazitäten seit dem Jahr 2001 lässt vielmehr darauf schließen, dass die Phase kurzfristigen Preiswettbewerbs beendet und einem abgestimmten Verhalten der Oligopolmitglieder gewichen ist. Für diese Einschätzung spricht auch, dass sich die Verbundunternehmen darauf beschränken, ihre traditionellen Absatzgebiete zu beliefern und auf Wettbewerbsvorstöße in das Liefergebiet der jeweils anderen Verbundunternehmen verzichten.“
Anfang 2002 lag der Preis an der deutschen Strombörse EEX bei 23 € pro MWh, inzwischen hat er sich fast verdoppelt, ohne dass die Kosten für Uran, Braunkohle und Steinkohle entsprechend gestiegen sind. Der Ölpreis ist für die deutschen Stromerzeuger von geringer Bedeutung, weil sie kaum Schweröl oder sonstige Mineralöle zur Stromerzeugung einsetzen. Nur durch die Bindung des Erdgaspreises an den Rohölpreis ist ein geringer Teil der deutschen Stromerzeugung vom Ölpreis beeinflusst.
Auch die Defizite der deutschen Strombörse EEX hat die Monopolkommission herausgearbeitet. Der IVH verweist auch hier nur stellvertretend auf Absatz 256:
„Die Spielräume für strategische Preismanipulationen werden durch eine mangelnde Preistransparenz und eine asymmetrische Informationsverteilung zwischen den Marktteilnehmern verschärft.“
Der IVH stellt Herrn Josefsson daher die Kernfrage:
Wie erklärt Vattenfall die Lücke zwischen 24 € pro MWh (durchschnittliche Erzeugungskosten in Deutschland) und dem Leipziger EEX-Preis von 45 € pro MWh? Im Hamburger Raum liegen die Erzeugungskosten sogar unter dem Bundesdurchschnitt, weil ein Großteil der Stromerzeugung aus günstiger Kernenergie stammt. Dennoch fordert Vattenfall von seinen Kunden den EEX-Preis.
In Absatz 257 warnte die Monopolkommission bereits vor einem Jahr eindringlich vor den verheerenden Auswüchsen des C02-Zertifikatehandels und „exorbitant steigenden Preisen“. Der jüngste Preissprung an der EEX ist eindeutig auf den Zertifikatehandel zurückzuführen. Auch hier sieht sich der IVH in seinen frühzeitig vorgetragenen Warnungen bestätigt.
Der IVH hält die Argumentation und die Schlussfolgerungen der Monopolkommission für richtig und schließt sich der Fachkompetenz der Spezialisten für Wettbewerbsrech an. Bislang haben weder die EEX noch die vier Stromerzeuger die Rücknahme der wissenschaftlichen Feststellungen verlangt.
Im Interesse der deutschen Wirtschaft und Industrie und zur Sicherung hunderttausender bedrohter Arbeitsplätze fordert der IVH die Rückkehr zu einer sachlichen Diskussion über die Fehlentwicklungen auf den deutschen Energiemärkten. Die Bundesregierung und die Wirtschafsverbände sind jetzt zum schnellen Handeln aufgefordert, damit sich die dramatischen Ereignisse um die Hamburger Aluminium Werk GmbH in anderen Teilen der Wirtschaft/Industrie nicht wiederholen. Der IVH ist bereit, im Verbund mit dem BDI seinen Beitrag zu leisten.
Bei Rückfragen:
Marc März
IVH - INDUSTRIEVERBAND HAMBURG E.V.
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Hamburg, den 18.07.2005