IVH-Mitgliederumfrage 2019, Bericht mit Grafiken: Industrie will wachsen, beklagt aber aufwändige und langwierige Genehmigungsverfahren

(11. Juni 2019) Hamburgs Industrie ist ungeachtet der sich abkühlenden Konjunktur auf Wachstumskurs. Dabei sehen sich die Unternehmen jedoch im Standortwettbewerb umfangreichen Auflagen und langwierigen Genehmigungsverfahren ausgesetzt. Zudem finden sie kaum Flächen und Fachkräfte für den digitalen Wandel. Die Hamburger Industrie sieht sich damit im Wachstum behindert. Außerdem wird die Verkehrsinfrastruktur als hoch belastet erlebt und sei bei Störungen schnell anfällig für Staus. Dies sind Ergebnisse der IVH-Mitgliederumfrage zu den Rahmenbedingungen für die Industrie in Hamburg, die im Mai 2019 durchgeführt wurde. Die Themen für die Befragung hatten die Mitgliedsunternehmen zuvor ihrem Industrieverband Hamburg (IVH) aufgegeben.

Die Einschätzungen der Hamburger Industrie kommentiert der Vorstandsvorsitzende des Industrieverband Hamburg (IVH), Matthias Boxberger:

„Dass gut zwei Drittel der Industrieunternehmen in den kommenden drei Jahren in den Standort Hamburg investieren möchten, ist eine gute Nachricht für den Standort. Dazu erwarten wir, dass Politik und Verwaltung dies bestmöglich unterstützen. Allerdings nehmen Industrieunternehmer in Genehmigungsbehörden stellenweise eine Haltung wahr, die Investitionen an unserem Standort eher behindert anstatt diese zu fördern.

Uns macht Sorge, dass jenseits der politischen Entscheider-Ebene den Belangen der Industrieunternehmen selten mit dem Elan begegnet wird, der notwendig wäre, um Vorhabensträger zu ermutigen sowie die Industrie und damit Hamburgs Wirtschaftskraft zu stärken. Wir brauchen in der Verwaltung eine Vorhaben ermöglichende, lösungsorientierte Haltung und eine personelle Ausstattung, die dies unterstützt.“

Wir werden zusammen mit der Politik daran arbeiten, hier im Interesse eines starken Wirtschaftsstandorts zu Verbesserungen zu kommen. Das ‚Bündnis für die Industrie der Zukunft‘ zwischen Senat und Industrieverband ist dafür von zentraler Bedeutung“.

Ergebnisse der Befragung:

Die Unternehmen sind insgesamt zufrieden (38 %) mit der Entwicklung des Industriestandorts Hamburg seit 2015 oder bewertet diese als „durchschnittlich“ (51 %).  Weniger als 12 % sind unzufrieden oder sehr unzufrieden.

Dass die Hamburger Industrie auf Wachstumskurs ist, zeigt sich am Flächenbedarf: 43 Prozent der befragten Industrieunternehmen (insbesondere Produzierendes Gewerbe, Logistik, Bauindustrie) benötigt Raum zum Wachsen. Diesem Bedarf steht die stellenweise mangelnde Verfügbarkeit von Flächen entgegen, wie einige Unternehmen äußern.

Mehr als zwei Drittel der Unternehmen (72 %) sind bereit, in den kommenden drei Jahren in den Standort Hamburg zu investieren. Ein fast gleich hoher Anteil der Befragten (65 %) erlebt allerdings den bürokratischen Aufwand bei Genehmigungsverfahren als zu hoch.

Als Hauptinvestitionshemmnis wurden Dauer und Aufwand bei Genehmigungsverfahren sowie verschärfte Auflagen und Überregulierung moniert. Eine seit 2015 zunehmende Verschärfung und im Umfang angewachsene Anzahl von Umweltauflagen wird von zwei Dritteln aller Befragten als belastend erlebt, was in der Folge Investitionen behindere.

An zweiter Stelle der Investitionshemmnisse stehen Flächenknappheit und Fachkräftemangel. Einige wenige Unternehmer kritisieren mangelnde Förderung von Forschung und Entwicklung.        

Mehr als zwei Drittel der Befragten können ihren Fachkräftebedarf für den digitalen Wandel nicht decken (68 %). Aus diesem Grund müssen 15 % aller Befragten auf Umsatz verzichten. Weniger als ein Fünftel der befragten Hamburger Unternehmen (18 %) sind mit der Verfügbarkeit von Fachkräften für den digitalen Wandel zufrieden.

Beim Ausbau der Verkehrsinfrastruktur schätzt ein Viertel der Befragten (26 %) die Baustellenkoordinierung schlechter ein als im Vorjahr. Dies bestätigt sich darin, dass sogar ein Drittel aller Befragten längere Wegezeiten für die Beschäftigten durch die Staubelastung wahrnimmt (37 %). Unternehmen nördlich der Norderelbe gelegen nehmen eher eine Verbesserung der Verkehrssituation wahr als Standorte im Süden. Insgesamt wird die Verkehrsinfrastruktur als stark überlastet und anfällig für Störungen erlebt, was dann schnell zu Staus führe.

Beim Thema Internet-Versorgung und Glasfaseranschluss sind die Befragten mit der Infrastruktur mehrheitlich zufrieden (67 %). Ein Drittel der Befragten klagt über zu langsame Übertragungsgeschwindigkeiten (33 %).

Auf die Frage, ob eine Verbesserung der Versorgungsqualität aktuell angeboten werde, antworteten 56 % mit „Nein“.

Von diesen unterversorgten Unternehmen erhielten 50 % keine zeitliche Perspektive für eine Verbesserung. Mit Blick auf die Fallzahlen kann hierbei zwar von einer geringen Anzahl von Firmen ausgegangen werden, Allerdings müssen auch diese „weißen Flecken“ auf Hamburgs digitaler Landkarte künftig besser versorgt werden. Immerhin kann eine knappe Mehrheit (51 %) auf einen Glasfaseranschluss zurückgreifen. 14 % der Befragten gaben an, keine Kenntnis zu haben, ob vor Ort ein Glasfaseranschluss verfügbar wäre.

Die Akzeptanz der Industrie in Hamburg sehen die meisten Unternehmen durchschnittlich entwickelt bei Politik (58 %) und bei der Bevölkerung (63 %). Nur ein Fünftel der Befragten (20 %) nimmt Akzeptanzdefizite bei Bürgerinnen und Bürgern wahr. Eine stärkere Zurückhaltung gegenüber den Belangen der Industrie nehmen die befragten Unternehmen in der Verwaltung wahr: 24 % berichten von „geringer Akzeptanz“. Dieses Ergebnis passt ins Bild der langwierigen Genehmigungsprozesse. Auffällig stehen sich hierbei die Werte für erlebte „hohe Akzeptanz“ gegenüber: lediglich 7 % in der Verwaltung und 26 % bei der Politik.

Die Energie-Kostenentwicklung, insbesondere für produzierende und energieintensive Industrieunternehmen, Logistik und Bauindustrie, bewerten 33 % als unangemessen hoch. Anmerkung: Die Höhe der Energiekosten ist überwiegend durch bundesweite Vorgaben im Zuge der Energiewende bestimmt.

An der Umfrage zur Zufriedenheit der Industrie mit der Industriepolitik des Hamburger Senats im Mai 2019 haben 78 Mitgliedsunternehmen des Industrieverbands Hamburg mit Standort Hamburg teilgenommen. Das entspricht einer vergleichsweise hohen Rücklaufquote von 35 Prozent. Dabei lag der Schwerpunkt auf produzierendem Gewerbe mit den Branchen Schiff- und Flugzeugbau, Anlagenbau, Verfahrenstechnik und (Petro-)Chemie sowie Energie- und  Entsorgungswirtschaft, Logistik und Bauindustrie. Die Befragung wurde in Zusammenarbeit mit der Agentur RAIKESCHWERTNER durchgeführt.

Die Abschlussfrage zur Zufriedenheit mit der Arbeit des Industrieverband Hamburg beantworteten 97 % der IVH-Mitglieder mit „zufrieden“ und „sehr zufrieden“. An IVH-Veranstaltungen nehmen 61 % der Mitglieder viermal pro Jahr oder häufiger teil.

Die Erhebung wurde ermöglicht durch die Unterstützung der IVH-Mitgliedsunternehmen:

Deutsche Telekom, Jungheinrich AG, Pfannenberg, HC Hagemann

Deutsche Telekom Jungheinrich AG
Pfannenberg HC Hagemann

Ergebnisse der IVH-Mitgliederbefragung vom Mai 2019 in der Berichtsfassung: MITGLIEDERBEFRAGUNG 2019

Der IVH vertritt als rechtlich selbständige Landesvertretung des Bundesverbands der Deutschen Industrie e.V. (BDI) die Interessen von produzierenden Unternehmen und deren industrienahen Partnern am Standort Hamburg und darüber hinaus. Der IVH hat 260 Mitglieder und wächst weiter. 1963 wurde unser Verband gegründet.